Temperaturerhöhung in der Tiefkühlwirtschaft
Das internationale Forschungsprojekt Frosteq will die Nachhaltigkeit der Tiefkühlkette verbessern und stellt die Tiefkühltemperatur von minus 18 °C auf den Prüfstand.
GastroSpiegel, 31.10.2025 – Das internationale Forschungsprojekt „Frosteq – An Initiative aimed at harmonizing Temperature, Energy, Quality and Safety in the Frozen Food Supply Chain“ ist gestartet. Initiator ist die niederländische Forschungsorganisation Wageningen Food & Biobased Research der Universität Wageningen. Frosteq untersucht, ob sich durch eine Erhöhung der aktuell gesetzlich vorgeschriebenen Tiefkühltemperatur von minus 18 Grad Celsius Energiebedarf und CO2-Emissionen reduzieren lassen, ohne dabei die Sicherheit und Qualität der Tiefkühlprodukte zu beeinträchtigen.
Das Projekt hat eine Laufzeit von vier Jahren bis 2029 und wird von der niederländischen Regierung gefördert. Als private Partner beteiligen sich internationale Akteure entlang der gesamten Tiefkühlkette, darunter Lebensmittelhersteller, Transport- und Kühlhausunternehmen, Hersteller von Haushaltsgeräten und Branchenorganisationen. Auch das Deutsche Tiefkühlinstitut (Dti), Spitzenverband der Tiefkühlwirtschaft in Deutschland, unterstützt das Projekt mit den Mitgliedsunternehmen Apetito, Bofrost, Coldsense Technologies, Conditorei Coppenrath & Wiese, Dr. August Oetker Nahrungsmittel und Salomon Food-World.
Weltweite Zukunftsherausforderung
Sabine Eichner, Dti-Geschäftsführerin, erläutert die Hintergründe: „Eine nachhaltigere Lebensmittelwirtschaft ist eine große, weltweite Zukunftsherausforderung. Die Tiefkühlwirtschaft optimiert ihre Wertschöpfungskette bereits seit vielen Jahren auf allen Ebenen hin zu mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Aber angesichts des Klimawandels müssen althergebrachte Praktiken hinterfragt werden.“ Eine mögliche Erhöhung der gesetzlich vorgeschriebenen Tiefkühltemperatur könnte deshalb die Chance bieten, Energieverbrauch und Kohlenstoffemissionen signifikant zu reduzieren. Dabei sei laut Eichner klar: „Ein möglicher neuer Temperaturstandard muss für die gesamte internationale Lieferkette gelten.“
Das Forschungsprojekt bietet laut Dti-Projektleiter Andreas Bosselmann, Lebensmittelchemiker und langjähriger ehemaliger Leiter des Internationalen Qualitätsmanagements bei Bofrost, die einmalige Möglichkeit, die gesetzlich vorgeschriebene TK-Temperatur von minus 18 °C in der gesamten Tiefkühlkette unter Produktqualitäts- und Nachhaltigkeitsgesichtspunkten zu überprüfen. „Die Auswirkungen einer Erhöhung der Tiefkühltemperatur unter realen Bedingungen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg im Rahmen der Studie zu testen, sehen wir als Chance. Dabei hat für uns oberste Priorität: die hohe Qualität und Sicherheit unserer Tiefkühlprodukte“, betont Bosselmann.
Tiefkühlstandard gilt seit über 100 Jahren
Seit der Erfindung der industriellen Schockfrostung vor mehr als hundert Jahren gilt der aktuelle globale Standard für die Lagerung und den Transport von Tiefkühlprodukten von minus 18 Grad Celsius oder 0 Grad Fahrenheit. Rechtlich verankert ist dies in der „Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel“ (TLMV). Diese besagt, dass die vorgeschriebene Temperatur von mindestens minus 18 °C über den gesamten Weg vom Hersteller bis in die Truhen des Lebensmittelhandels eingehalten werden muss und nur kurzfristig, beispielsweise beim Be- und Entladen, um maximal drei Grad nach oben abweichen darf. Um die Sicherheit von tiefgekühlten Lebensmitteln zu gewährleisten, erlauben die Vorschriften in Deutschland und der EU derzeit keine dauerhafte Abweichung von minus 18 °C bei Transport und Lagerung von TK-Produkten.
Erste Tests durch Nomad Foods
Der international tätige Lebensmittelkonzern Nomad Foods, zu dem auch das Dti-Mitglied Iglo Deutschland gehört, hat zusammen mit dem wissenschaftlichen Partner Campden BRI bereits exemplarisch neun TK-Produkte bei einer Lagertemperatur von minus 15 °C untersucht. 2024 wurden die Studienergebnisse veröffentlicht: Die getesteten Produkte zeigten keine signifikanten Veränderungen in der Lebensmittelqualität oder -sicherheit bei minus 15 °C. Durch die Erhöhung um drei Grad Celsius konnte der Energieverbrauch um zehn Prozent gesenkt werden. Die Ergebnisse der Nomad Foods-Studie haben weltweit Akteure der internationalen Tiefkühlwirtschaft entlang der Tiefkühl-Wertschöpfungskette auf den Plan gerufen, die sich für einen vertieften wissenschaftlichen Fachdialog stark gemacht haben.
Nachhaltigere Tiefkühlkette als Ziel
Das internationale Forschungsprojekt Frosteq untersucht nun, welche Temperaturen notwendig sind, um die hohe Qualität und Sicherheit von tiefgekühlten Lebensmitteln während Transport und Lagerung ohne Abstriche zu gewährleisten. Dies geschieht nach wissenschaftlichen Kriterien – umfassend für die komplette Kategorie und entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Dabei verbindet des Projekt Wissenschaft, Branchenexpertise und Verbraucherforschung mit dem Ziel, einen wichtigen Beitrag zu mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu leisten. Diese multidimensionale Zusammenarbeit soll sicherstellen, dass das im Rahmen von Frosteq gewonnene Wissen alle relevanten Interessengruppen erreicht, fundierte Entscheidungen ermöglicht und die Energieeffizienz in der Tiefkühlbranche weiter fördert.
Das Dti arbeitet hier eng mit dem International Frozen Food Network (IFFN) zusammen, dem Netzwerk weltweit führender Tiefkühlorganisationen, darunter das Dti, das American Frozen Food Institute (AFFI) und die British Frozen Food Federation (BFFF).
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Über das Deutsche Tiefkühlinstitut (Dti)
Der Branchenverband Dti ist die Interessenvertretung und Kommunikationsplattform der Tiefkühlwirtschaft in Deutschland und vertritt als Spitzenverband über 150 überwiegend mittelständische Unternehmen aus allen Teilen der Tiefkühlkette, von Industrie über Logistik und Handel. Die Tiefkühlwirtschaft, mit einem Gesamtumsatz von über 22 Milliarden Euro einer der wichtigsten Zweige der Lebensmittelindustrie, versorgt täglich rund 83 Millionen Menschen in Deutschland mit frischen, tiefgekühlten Lebensmitteln und ist ein wichtiger Lieferant für den Handel, die Gastronomie und die Gemeinschaftsverpflegung. 2024 stieg der Pro-Kopf-Verbrauch von Tiefkühlprodukten in Deutschland laut Dti-Absatzstatistik auf einen Rekordwert von 50 Kilogramm. Der Gesamtabsatz lag 2024 bei über vier Millionen Tonnen.

 
						